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Mittwoch, 2. Oktober 2019
Wenn es RosenResli nicht gäbe, müsste man es erfinden
"Wenn es RosenResli nicht gäbe, müsste man es erfinden ..."
Donnerstag, 17. November 2016
Dement und Staatsfeind Nr. 1
Von Georg Mair (Interview)
Datum: 12.10.2016
www.alzheimer.ch und die Website www.ungekünstelt.ch (Kunst für Demente) aufgebaut.
weiter auf:
http://www.kontextwochenzeitung.de/gesellschaft/289/dement-und-staatsfeind-nr-1-3928.html
Als Michael Schmieder 1985 das Haus Sonnweid in der Nähe von
Zürich übernahm, war das Haus eine Verwahranstalt für chronisch Kranke.
30 Jahre später ist es wahrscheinlich die beste Einrichtung weltweit.
Schmieder, 61, hat Ende 2015 die Leitung des "Demenzzentrums" abgegeben.
"Ich bin jetzt Chefideologe im Haus", scherzt er. Er provoziert gerne. Neben der Tätigkeit in Sonnweid hat Schmieder das Portal weiter auf:
http://www.kontextwochenzeitung.de/gesellschaft/289/dement-und-staatsfeind-nr-1-3928.html
Freitag, 26. August 2016
Sexualität / Können Menschen mit Demenz sexuelle Übergriffe machen?
Dies ist die Geschichte dahinter: In einem Heim lebt ein Mann, der immer wieder vorbeigehenden Pflegerinnen einen Klaps auf den Hintern gibt. Wenn er herumgeht, fasst er – als wäre es das Normalste der Welt – Frauen an die Brüste.
Was ist zu tun?
Die Mitarbeiterinnen der betreffenden Station fragten nach, wie sie mit diesen «sexuellen Übergriffen» umgehen sollten. Da bei alzheimer.ch guter Rat eben nicht teuer ist, haben wir ein paar Überlegungen dazu angestellt.
Zuerst ist die Begriffsfrage zu klären Was ist ein «sexueller Übergriff», oder, wie Wikipedia es nennt, eine «sexuelle Belästigung»? Diese Begriffe nehmen nur die Sichtweise des Opfers ein. Ob die andere Person diese Belästigung überhaupt mit einer Absicht tut oder nicht, steht dabei nicht zur Debatte.
Wenn die Fähigkeiten des Denkens und Reflektierens krankheitsbedingt nachlassen, kann es zu einer Enthemmung kommen.
Das Bewusstsein, dass man Menschen mit Respekt behandeln und gewisse Dinge nicht tun soll, schwindet zunehmend. Logischerweise kann es dadurch auch zu einem Kontrollverlust kommen.
Der Mann fasst das Objekt seiner Begierde an, ungehemmt, mit Lust und Freude. Mann wäre fast geneigt, von einem subjektiven Krankheitsgewinn zu sprechen – traut es sich aber nicht. Und es geht in den allermeisten Fällen überhaupt nicht um mehr. Es geht «nur» um diesen kurzen Moment der Berührung von Po oder Brust. Und das kann ein Lustgewinn sein – aber nur für den Mann.
Ich habe ältere Mitarbeiterinnen befragt. Ich diskutierte mit ihnen, wie sie damit umgegangen sind und heute damit umgehen.
Es zeigte sich, dass das Nichtdramatisieren solcher Momente früher zum Alltag gehörte. Es sind die starken Frauen, nicht die schwachen, die damit auch in irgendeiner Weise «grosszügiger» umgehen können. Durch einen nachsichtigen Umgang kann sich eine Situation eher entspannen.
Wenn sofort von sexuellem Übergriff gesprochen wird, nimmt eine ganze Reihe von Massnahmen ihren Anfang. Männer mit Demenz sind keine geschlechtslosen Männer. Sie empfinden Lust. Dass Lust da ist, um sie zu erfahren, das ist das Schöne daran. Wenn die innere Kontrolle krankheitsbedingt fehlt:
Wie soll ein Mann seine Lust bremsen können, wenn er das Gefühl der Lust nicht einmal benennen kann?
Wir tun ja so Vieles dafür, dass Menschen mit Demenz ihr Leben leben können, dass sie sich als Mann oder Frau erfahren können.
Aber was tun wir wirklich dafür, was konkret?
Und wollen wir nicht in der Pflege den Menschen nahe sein, Emotionalität spüren lassen? Wenn das gut gelingt, heisst dann Beziehung nicht auch Berührung?
So wie ich mir Berührung wünsche und wie ich annehme, dass die Frau auch diese Berührung möchte.
Und da kann das Anfassen von Po und Brust ja durchaus sehr liebevoll gemeint sein. Aber eben: Als wen, oder als was nimmt der Mann mit Demenz mich wahr? Und spielt das eine Rolle? Scheinbar eben nicht.
Und noch ein Gedanke: In einer Zeit, in der alles sexualisiert ist, von Werbung über Medien und allgegenwärtige Bilderflut, müssen wir vielleicht nicht ganz so scheinheilig tun, dass das alles keinen Reiz ausstrahlen darf auf den Mann. Es tut es einfach.
Und bei fehlendem Bewusstsein, was man nicht darf, darf Mann das dann halt. Direkt, sofort und unmittelbar. Was rate ich in dem oben beschriebenen Fall? Deutlich sagen, dass man das nicht möchte.
Grosses Theater dabei sein lassen. In der Gruppe die Thematik aufnehmen. Niemand soll sich berühren lassen müssen, der es nicht will. Und daran denken, dass es auch noch die andere Seite gibt.
Mehr auf:
http://alzheimer.ch/index.cfm/de/alltag/schwierige-situationen/magazin-detail/114/koennen-menschen-mit-demenz-sexuelle-uebergriffe-machen/
http://alzheimer.ch/index.cfm/de/blog/blog-detail/6/sexualitaet/
Freitag, 4. September 2015
Verkauf des Elternhauses: Herr Rheinheimer nimmt Abschied von seiner Kindheit
Wolfgang Rheinheimers Eltern erfüllten sich 1969 den Traum vom
Eigenheim. Jetzt soll das Haus verkauft werden - um die Pflegekosten für
die Mutter zu bezahlen. Aber was ist der einstige Traum noch wert?
Von Benjamin Schulz, Wadern-Lockweiler
Wolfgang Rheinheimer geht die drei weißen Stufen zur Haustür hinauf, steckt den Schlüssel ins Schloss, öffnet die Tür und betritt seine Kindheit. Ein Blick, ein Atemzug, und er ist umgeben von Erinnerungen, vertrauten Gerüchen. "Wenn ich in das Haus gehe, rieche ich meine Mutter."
Hier in 66687 Wadern-Lockweiler im Saarland,
wuchs Rheinheimer auf. Nun hat er für das Haus keine Verwendung mehr.
Er und sein Bruder möchten es verkaufen: acht Zimmer, 180 Quadratmeter
Wohnfläche, 650 Quadratmeter Grundstück, Kaufpreis 130.000 Euro. Im Internet beschreibt er es als "Freistehendes 1-2 Familienhaus in idyllischer Waldrandlage".
Der Vater, Jahrgang 1925, verstarb 1985. Seither lebte die Mutter,
Jahrgang 1926, allein in Lockweiler - bis zum vergangenen Herbst. Demenz
und Gebrechlichkeit machten es ihr unmöglich, im Haus zu bleiben. Sie
wohnt nun im Pflegeheim. Rheinheimer und sein Bruder hoffen, dass der
Erlös aus dem Hausverkauf reicht, um die Pflegekosten von rund 2500 Euro
im Monat zu decken.
Weiter auf:
http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/elternhaus-verkaufen-abschied-von-der-kindheit-a-1046489.html
Von Benjamin Schulz, Wadern-Lockweiler
Wolfgang Rheinheimer geht die drei weißen Stufen zur Haustür hinauf, steckt den Schlüssel ins Schloss, öffnet die Tür und betritt seine Kindheit. Ein Blick, ein Atemzug, und er ist umgeben von Erinnerungen, vertrauten Gerüchen. "Wenn ich in das Haus gehe, rieche ich meine Mutter."
Weiter auf:
http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/elternhaus-verkaufen-abschied-von-der-kindheit-a-1046489.html
Mittwoch, 29. Juli 2015
Demenzkranke brauchen kein Konzept
Michael Schmieder hat die Sonnweid in Wetzikon zu einem führenden Demenzzentrum Europas gemacht und dabei das Wichtigste nie vergessen.
Von Denise Marquard
Menschen mit Demenz haben die gleichen Bedürfnisse wie Menschen ohne Demenz: Sie brauchen Licht, Bewegung, Gesellschaft, Sicherheit, Respekt und Wertschätzung. Das mag banal tönen, doch genau auf diesem Grundsatz von Michael Schmieder beruht die Sonnweid in Wetzikon. Und deshalb wurde die Sonnweid das führende Demenzkompetenzzentrum Europas. Während 30 Jahren hat Schmieder die private Pflegeinstitution aufgebaut. Im Herbst übergibt er nun sein Werk.
Altersdemenz ist eine gesellschaftliche und eine wissenschaftliche Herausforderung. Gerade in diesen Tagen nährt wieder einmal ein neues Medikament die Hoffnung, Alzheimer lasse sich eventuell hinauszögern. Schmieder bleibt skeptisch: «Wir werden zwar immer älter», sagt er. «Dank raffinierteren Ersatzteilen kann unser Körper mithalten. Doch das Gehirn ist vielleicht gar nicht dafür geschaffen, so alt zu werden.»
Auch Menschen, die ihr Gedächtnis ganz oder teilweise verloren haben, haben Anrecht auf ein würdiges Leben. Diesen Anspruch will die Sonnweid einlösen. Das soziale Leben spielt sich in öffentlichen, auf vier Etagen verteilten Räumen ab. Sie sind nicht mit Treppen, sondern einer Rampe verbunden. Das Resultat ist eine Schlaufe von 1,5 Kilometer Länge, die über Aussenterrassen und den Garten zurück ins Gebäude führt.
Normen wechseln ständig
Das Heim befindet sich in einer Umgebung, in der sich Patienten wohlfühlen. Sie wissen die Freiheiten zu schätzen. So gibt es keinen Zwang, an einem Tisch zu essen. Stattdessen greifen manche zu Fingerfood, der auf Tellern in Augenhöhe angeboten wird. Wenn es das Wetter zulässt, werden Patienten in ihrem Bett an die frische Luft auf die Veranda gerollt, auf den Gängen stehen Sofas, die Zimmer sind nur zum Schlafen oder für die Pflege da. «Bei uns hat jeder Bewohner seine eigenen Normen – und die wechseln ständig», sagt Schmieder.
Die Sonnweid versucht, Strukturen zu schaffen, die es den Kranken erlauben, so zu leben, wie sie wollen. Gegenüber festen Konzepten zeigt Schmieder grosses Misstrauen. «Warum hat man das Gefühl, das Leben von Menschen in ein Konzept einpacken zu müssen?», fragt er und fügt hinzu: «Ich möchte weder nach einem Konzept betreut werden noch nach einem Konzept leben.»
Über Demenz wird heute offener gesprochen. Als Schmieder seine Karriere vor 30 Jahren als Pfleger im Triemlispital begann, war das noch anders. Demenz wurde mit dem Begriff «psychoorganisches Syndrom» (POS) umschrieben. Mit verwirrten Personen wollte niemand zu tun haben. Schmieder fiel jedoch auf: Diese Leute liessen sich beruhigen, wenn er beim Hinausgehen ihre Zimmertür einen Spalt weit offen liess. «Das war ein Zeichen, dass sie nicht gerne allein waren.
Weiter auf:
http://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/region/Demenzkranke-brauchen-nobrkein-Konzeptnobr/story/19096138
Dienstag, 20. Januar 2015
Menschen mit Demenz erleben sich selber als kompetent und gesund
von Annika Bangerter
Ein Besuch in der Stiftung Wirrgarten, wo seit 15 Jahren demente Menschen nur das tun, was sie erfreut. Allerdings lässt sich der Tag nicht in fixen Abläufen durchplanen. Zu verschieden sind die Gäste, ihre Bedürfnisse und ihre Fähigkeiten.
«Wie lautet der Vorname von Tucholsky?» – «Kurt!» – «Oh, da habe ich wohl eine Bildungslücke», sagt der Zivildienstler und schreibt den Namen in die vier Kästchen des Kreuzworträtsels. Der alte Mann drückt die Kuppen seiner gespreizten Finger zufrieden aneinander, lehnt im Sessel zurück. «Ein anderes Wort für Vortrag?» – «Rede», sagt die Frau im roten Pullover, den Kopf in die rechte Hand gestützt. Innert kurzer Zeit hat die achtköpfige Gruppe das Kreuzworträtsel gelöst. Würde sich diese Szene nicht in der Tagesstätte der Basler Stiftung Wirrgarten abspielen, gäbe es kein Anzeichen dafür, dass alle alten Menschen der Runde schwer dement sind. «Das Kreuzworträtsel ruft Wissen aus dem Langzeitgedächtnis ab. Dort sind die Informationen im Gegensatz zum Kurzzeitgedächtnis häufig noch vorhanden», sagt Irene Leu. Sie leitet seit der Gründung vor 15 Jahren die Begegnungs- und Betreuungsstätte Atrium der Stiftung Wirrgarten.
Diese ist spezialisiert auf besonders betreuungsintensive Demente, die entweder bei ihren Angehörigen oder mit Hilfe der Spitex zu Hause leben. Den Weg zur Tagesstätte würden sie alleine nicht finden. Auch in der Tagesstätte sind sie nie alleine und häufig eins zu eins betreut. «Die Pflege von Menschen mit Demenz führt die Angehörigen häufig in die soziale Isolation. Sie haben weder Zeit noch Kraft für ihre eigenen Interessen. Wenn ihr dementer Partner, Vater oder ihre Mutter bei uns ist, entlastet das die Angehörigen im Alltag und schützt sie vor einer Erschöpfung», sagt Irene Leu.
Weiter auf:
http://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/menschen-mit-demenz-erleben-sich-selber-als-kompetent-und-gesund-128744367
Ein Besuch in der Stiftung Wirrgarten, wo seit 15 Jahren demente Menschen nur das tun, was sie erfreut. Allerdings lässt sich der Tag nicht in fixen Abläufen durchplanen. Zu verschieden sind die Gäste, ihre Bedürfnisse und ihre Fähigkeiten.
«Wie lautet der Vorname von Tucholsky?» – «Kurt!» – «Oh, da habe ich wohl eine Bildungslücke», sagt der Zivildienstler und schreibt den Namen in die vier Kästchen des Kreuzworträtsels. Der alte Mann drückt die Kuppen seiner gespreizten Finger zufrieden aneinander, lehnt im Sessel zurück. «Ein anderes Wort für Vortrag?» – «Rede», sagt die Frau im roten Pullover, den Kopf in die rechte Hand gestützt. Innert kurzer Zeit hat die achtköpfige Gruppe das Kreuzworträtsel gelöst. Würde sich diese Szene nicht in der Tagesstätte der Basler Stiftung Wirrgarten abspielen, gäbe es kein Anzeichen dafür, dass alle alten Menschen der Runde schwer dement sind. «Das Kreuzworträtsel ruft Wissen aus dem Langzeitgedächtnis ab. Dort sind die Informationen im Gegensatz zum Kurzzeitgedächtnis häufig noch vorhanden», sagt Irene Leu. Sie leitet seit der Gründung vor 15 Jahren die Begegnungs- und Betreuungsstätte Atrium der Stiftung Wirrgarten.
Diese ist spezialisiert auf besonders betreuungsintensive Demente, die entweder bei ihren Angehörigen oder mit Hilfe der Spitex zu Hause leben. Den Weg zur Tagesstätte würden sie alleine nicht finden. Auch in der Tagesstätte sind sie nie alleine und häufig eins zu eins betreut. «Die Pflege von Menschen mit Demenz führt die Angehörigen häufig in die soziale Isolation. Sie haben weder Zeit noch Kraft für ihre eigenen Interessen. Wenn ihr dementer Partner, Vater oder ihre Mutter bei uns ist, entlastet das die Angehörigen im Alltag und schützt sie vor einer Erschöpfung», sagt Irene Leu.
Weiter auf:
http://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/menschen-mit-demenz-erleben-sich-selber-als-kompetent-und-gesund-128744367
Montag, 12. Januar 2015
Mein Vater, der Pflegefall
Andere Väter helfen ihren Kindern bei der Steuererklärung, meiner ist
dement und pflegebedürftig. Aber im Umgang mit ihm habe ich mehr gelernt
als in meinem Studium. Ein Leserartikel von Marion Einsiedler
Ich bin Marion, studiere Medizin in München und unterrichte nebenher an der Uni. In meiner Freizeit tanze ich Ballett – wenn ich nicht gerade ein Skirennen gewinne. Mein Vater ist Personalchef in einer großen Firma. Guter Job, hohes Ansehen. Er ist ein stolzer Mann, der seine Tochter gern präsentiert. Eloquent und gewitzt. Ein Charmeur. Am liebsten trinkt er Erdbeermilchshakes.
Schön wär's. Ich studiere zwar tatsächlich, habe mir aber einen sozialwissenschaftlichen Masterstudiengang ausgesucht, der mich geradewegs in die Arbeitslosigkeit führen wird. So wird es mir zumindest von allen Seiten prophezeit. Ballett tanze ich seit vier Jahren nicht mehr, und das letzte Skirennen bin ich gefahren, als ich 14 war. Ich kam als 15. ins Ziel. Ich unterrichte auch nicht an der Uni, sondern arbeite als Aushilfssekretärin in einem kleinen Unternehmen.
Auch das mit meinem Vater stimmt nicht. Er ist dement und wohnt, mit 58 Jahren, in einem Pflegeheim in Baden-Württemberg, wo er sich ein 14 Quadratmeter großes Zweibettzimmer mit einem 93-jährigen, bettlägerigen Alzheimerpatienten teilt. Vor drei Jahren hat er in Folge einer voranschreitenden MS-Erkrankung sein Auto zu Schrott gefahren. Totalschaden. Seitdem sitzt er im Rollstuhl. Er kümmert sich rührend um das Wohlbefinden der anderen Heimbewohner, die im Schnitt 30 Jahre älter sind als er. Auf der Verpackung seines geliebten Erdbeermilchshakes steht "Hochkalorische Trinknahrung".
Während andere Väter ihren studierenden Kindern bei der Steuererklärung helfen, Schränke schleppen oder Waschmaschinen anschließen, habe ich für ihn Anträge auf eine Betreuung ausgefüllt. Ich habe seine Waschmaschine verkauft und seine Schränke ausgeräumt. Mein Vater schleppt natürlich auch keine Möbel – ich schiebe ihn im Rollstuhl über die Wurzeln auf dem Waldweg, den er unbedingt entlanggefahren werden möchte.
"I am out of order", schleuderte er mir eines Sonntags entgegen, als ich ihn wieder einmal im Rollstuhl über Wurzeln bugsierte. Ich freute mich, dass er noch Englisch konnte und war gleichzeitig betroffen von der Wucht seiner Worte. Während mir dieser Satz monatelang nicht mehr aus dem Kopf ging, strahlte mich mein Vater schon fünf Minuten später an, weil die Sonnenstrahlen so schön durch das Laub der Bäume schienen. Später saßen wir noch zusammen auf der Terrasse des Heims. Ich trank einen Cappuccino, während mein Vater aus seiner Studentenzeit erzählte. Ich genoss es, seinen Geschichten zu lauschen und lehnte mich zum ersten Mal seit langer Zeit entspannt zurück.
Weiter auf:
http://www.zeit.de/studium/uni-leben/2015-01/demenz-vater-pflege
Ich bin Marion, studiere Medizin in München und unterrichte nebenher an der Uni. In meiner Freizeit tanze ich Ballett – wenn ich nicht gerade ein Skirennen gewinne. Mein Vater ist Personalchef in einer großen Firma. Guter Job, hohes Ansehen. Er ist ein stolzer Mann, der seine Tochter gern präsentiert. Eloquent und gewitzt. Ein Charmeur. Am liebsten trinkt er Erdbeermilchshakes.
Schön wär's. Ich studiere zwar tatsächlich, habe mir aber einen sozialwissenschaftlichen Masterstudiengang ausgesucht, der mich geradewegs in die Arbeitslosigkeit führen wird. So wird es mir zumindest von allen Seiten prophezeit. Ballett tanze ich seit vier Jahren nicht mehr, und das letzte Skirennen bin ich gefahren, als ich 14 war. Ich kam als 15. ins Ziel. Ich unterrichte auch nicht an der Uni, sondern arbeite als Aushilfssekretärin in einem kleinen Unternehmen.
Auch das mit meinem Vater stimmt nicht. Er ist dement und wohnt, mit 58 Jahren, in einem Pflegeheim in Baden-Württemberg, wo er sich ein 14 Quadratmeter großes Zweibettzimmer mit einem 93-jährigen, bettlägerigen Alzheimerpatienten teilt. Vor drei Jahren hat er in Folge einer voranschreitenden MS-Erkrankung sein Auto zu Schrott gefahren. Totalschaden. Seitdem sitzt er im Rollstuhl. Er kümmert sich rührend um das Wohlbefinden der anderen Heimbewohner, die im Schnitt 30 Jahre älter sind als er. Auf der Verpackung seines geliebten Erdbeermilchshakes steht "Hochkalorische Trinknahrung".
Während andere Väter ihren studierenden Kindern bei der Steuererklärung helfen, Schränke schleppen oder Waschmaschinen anschließen, habe ich für ihn Anträge auf eine Betreuung ausgefüllt. Ich habe seine Waschmaschine verkauft und seine Schränke ausgeräumt. Mein Vater schleppt natürlich auch keine Möbel – ich schiebe ihn im Rollstuhl über die Wurzeln auf dem Waldweg, den er unbedingt entlanggefahren werden möchte.
"I am out of order", schleuderte er mir eines Sonntags entgegen, als ich ihn wieder einmal im Rollstuhl über Wurzeln bugsierte. Ich freute mich, dass er noch Englisch konnte und war gleichzeitig betroffen von der Wucht seiner Worte. Während mir dieser Satz monatelang nicht mehr aus dem Kopf ging, strahlte mich mein Vater schon fünf Minuten später an, weil die Sonnenstrahlen so schön durch das Laub der Bäume schienen. Später saßen wir noch zusammen auf der Terrasse des Heims. Ich trank einen Cappuccino, während mein Vater aus seiner Studentenzeit erzählte. Ich genoss es, seinen Geschichten zu lauschen und lehnte mich zum ersten Mal seit langer Zeit entspannt zurück.
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http://www.zeit.de/studium/uni-leben/2015-01/demenz-vater-pflege
Dienstag, 6. Januar 2015
Familienpflegezeit: Wer pflegt, verliert.
Von Jörg Römer
Lohnersatz bei akutem Pflegebedarf von Angehörigen und Auszeit aus dem Job: So will ein Gesetz die Pflege von Angehörigen ab 2015 erleichtern. Doch die Regelung hat Schwachstellen und schließt viele Arbeitnehmer aus.
Ein Schlaganfall oder ein Herzinfarkt - zum Pflegefall können Menschen schnell werden. Auch nach der ersten medizinischen Versorgung sind viele weiter auf Hilfe angewiesen. Oft springen Angehörige ein. Mehr als ein Drittel der über 2,6 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland wird zu Hause von Verwandten gepflegt - viele von ihnen müssen deshalb in ihrem Beruf kürzertreten und auf Geld verzichten. Unterstützen soll sie eigentlich das Familienpflegezeitgesetz. Doch das hilft in seiner bisherigen Form den Pflegenden kaum. Laut einer Umfrage berichten 79 Prozent der Betroffenen von schlechter Vereinbarkeit von Pflege und Beruf.
Das soll sich nun ändern. Denn die Reform des Gesetzes zum 1. Januar 2015 verspricht bessere Bedingungen für die Betreuung von Angehörigen und Unterstützung bei akuten Pflegefällen. Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) will so der steigenden Zahl älterer Menschen Rechnung tragen, die von Angehörigen betreut werden. Was bringt die Neuregelung?
Weiter auf:
http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/familienpflegezeit-was-bringt-das-gesetz-fuer-angehoerige-a-1009541.html
Lohnersatz bei akutem Pflegebedarf von Angehörigen und Auszeit aus dem Job: So will ein Gesetz die Pflege von Angehörigen ab 2015 erleichtern. Doch die Regelung hat Schwachstellen und schließt viele Arbeitnehmer aus.
Ein Schlaganfall oder ein Herzinfarkt - zum Pflegefall können Menschen schnell werden. Auch nach der ersten medizinischen Versorgung sind viele weiter auf Hilfe angewiesen. Oft springen Angehörige ein. Mehr als ein Drittel der über 2,6 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland wird zu Hause von Verwandten gepflegt - viele von ihnen müssen deshalb in ihrem Beruf kürzertreten und auf Geld verzichten. Unterstützen soll sie eigentlich das Familienpflegezeitgesetz. Doch das hilft in seiner bisherigen Form den Pflegenden kaum. Laut einer Umfrage berichten 79 Prozent der Betroffenen von schlechter Vereinbarkeit von Pflege und Beruf.
Das soll sich nun ändern. Denn die Reform des Gesetzes zum 1. Januar 2015 verspricht bessere Bedingungen für die Betreuung von Angehörigen und Unterstützung bei akuten Pflegefällen. Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) will so der steigenden Zahl älterer Menschen Rechnung tragen, die von Angehörigen betreut werden. Was bringt die Neuregelung?
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http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/familienpflegezeit-was-bringt-das-gesetz-fuer-angehoerige-a-1009541.html
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